Notstand. Erneut.

Veröffentlicht am 16. Oktober 2023 um 09:41

Notstand. In kürzerer Zeit erneut. Intensiv. Schmerzhaft, aber gleichzeitig gefühllos.

Seit wann, spielt keine Rolle, Fakt ist, dass er da ist, der Notstand. Wie komme ich daraus? Schwierig, da jetzt gerade jeder, wirklich jeder, mein Feind ist. 

Mir schmerzt jeder Muskel, dennoch fühlt sich mein Körper betäubt an. Die Haut kribbelt wie eingeschlafen. Meine Sinne sind scharf, scharf wie nie. Völlige Überflutung der Reize. Absolute Abwehrhaltung. Die Atmung ist schnell und pumpt den Sauerstoff in mich. Die Muskeln sind aufs äußerste angespannt. Der Nacken verkrampft. Der Kopf, ja der ist voller denn je. Jegliche Gedanken greifen mich an. Schlagen auf mich ein. Sie wollen mir Schmerzen zufügen. Mich peinigen. Sie wollen mir sagen was alles falsch läuft, was DU alles falsch gemacht hast, was DU falsches zulässt. Sie wollen dich zerfleischen. Gedanken, es sind ja nur Gedanken, nein es ist Säure in mir, in meinen Kopf welche sich im ganzen Körper ausbreitet. 

Es tropft vom Gehirn in den übrigen Körper. Ich sitze im Auto, auf dem Weg zur Arbeit. Stehe an Straßenrand. Warum, weil mir die Tränen laufen, weil mir jeder meinen aktuellen Zustand ansehen kann. Weil ich auf keinen anderen Menschen stoßen möchte. Ein falsches Wort und ich setzt mich nur Wehr. Ein Blick und der andere greift mich an. Das ist einer dieser Momente, an denen man sich wie als einzig überlebender Mensch einer Apokalypse fühlt. 

Der Druck ist unaushaltbar. Das ist übrigens der Zustand in dem man an Suizid denkt. Nicht weil man nicht mehr Leben will, sondern weil einem die Ideen zum abwenden des Zustandes ausgehen. Also brauche ich schnelle eine Idee oder ein passendes Medikament. Also werfe ich mir Promethazin ein. Ruhig schalten. Ausschalten. Hauptsache den Druck regulieren. Dieser wiederum drückt mir auf die Brust, dass ich kaum noch atmen kann. Es zerdrückt mein Herz. Die Tränen laufen in Bächen, ohne das ich es spüre zu weinen. 

Der Druck ist unbeschreiblich. Die Schmerzen weiten sich aus. Beherrschen meinen Körper und meinen Seele. Diese ist jetzt übrigens gerade tief schwarz.

 

Der einzige Weg, den ich hier wirklich sehe ist der Ausstieg. Jakobsweg. Letzte Etappe. Zwei Wochen. Da muss ich mich dann meinen Gedanken stellen und diese abarbeiten. Es kann nicht schlimmer werden, nur besser. Ich habe mir ein Datum gesetzt 01.11.23. Ich denke aber, dass ich das vorziehen muss. Ich schaffe es nicht so lange ohne mein Umfeld abzureißen. 

 

Wenn ich nur nicht so Schmerzen hätte. Ich kann kaum denken. Lediglich laute Musik macht das Denken gerade erträglich. Die Musik muss lauter sein als die Gedanken. 

 

Das schreiben hier ist gerade eine Erleichterung. Es hat etwas Druck abgewendet. Ist ja schon mal was. 

Gerade auf die Uhr gesehen, hab eine Stunde am Straßenrand gestanden, im Auto. Null Zeitgefühl. 

..... 

Sitze nun im Büro. Türen zu. Ruhe. Gegenteil zu gerade im Auto. Musik auf voller Lautstärke. Ja, so sind die Zustände, von einer Sekunde zur anderen, sind sie anders. Trotzdem bin ich immer noch der einzige Überlebende, alleine und ohne einen Plan.

 

Wichtig ist jetzt nur, dass ich meinen Mund zu lasse, wenn ich auf andere treffen sollte. Besser ist das. Bloß nicht reden. Meine Frau fragt sich bestimmt inzwischen ob ich meine Sprache gegessen habe, aber egal, Hauptsache ich spreche nicht, dann kann ich auch nichts falsches sagen.

Jetzt bloß keine Diskussionen, dass kann arg gefährlich werden. 

Also rein mit dem Promethazin. 

 

Und wenn mir jetzt wieder irgendjemand schreiben sollte, ich denke mir das alles nur aus, sag mir Zeit und Ort, und ich erkläre und zeige dir meinen Zustand, aber auf dein eigenes Risiko, fang bloß nicht an zu heulen!

 

Ich kann auch diesen ewigen Scheiß nicht mehr hören "Du bist nicht alleine, geh doch mal raus, lenk dich doch ab,.....".

Ablenken, wenn du einen Virus im Gehirn hast? Hilfe bekommen? Meldestellen mit Telefonhotline für akute Zustände? Die würde ich mit meinem Zustand komplett überfordern, nein, habe ich schon alles versucht.  

 

Meine einzige Hoffnung ist, dass ich das alleine stoppe. Jemand von außen, wird das nicht schaffen. Dafür gibt es noch keine Lösung. Ich müsste mir selbst begegnen und mit mir selbst sprechen, dass wäre vielleicht eine Chance, aber diese ist wohl unrealistisch. 

......

 

 


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